Vortrag und Diskussion
Samstag, 29.05. 14:00
Grüner Treff
Paffrather Straße 84, Bergisch Gladbach
Marcuse untersuchte die Idee der Toleranz in der fortgeschrittenen Industriegesellschaft. Er gelangte zu dem Schluss, dass die Verwirklichung der Toleranz Intoleranz gegenüber den
herrschenden Praktiken, Gesinnungen und Meinungen erheischen würde – sowie die Ausdehnung der Toleranz auf politische Praktiken, Gesinnungen und Meinungen, die geächtet und unterdrückt werden. Die Idee der Toleranz erscheint, mit anderen Worten, heute wieder als dasjenige, was sie in ihren Ursprüngen war, zu Beginn der Neuzeit – als ein parteiliches Ziel, ein subversiver, befreiender Begriff und als ebensolche Praxis. Umgekehrt dient, was heute als Toleranz verkündet und praktiziert wird, in vielen seiner wirksamsten Manifestationen den Interessen der Unterdrückung.
Marcuses Essay von 1965 war sich dessen voll bewusst, dass gegenwärtig keine Macht, Autorität oder Regierung vorhanden ist, die eine befreiende Toleranz in Praxis übersetzen würde, doch hält er es für die Aufgabe des Intellektuellen, an geschichtliche Möglichkeiten, die zu utopischen geworden zu sein scheinen, zu erinnern und sie zu bewahren – daß es seine Aufgabe ist, die unmittelbare
Konkretheit der Unterdrückung zu durchbrechen, um die Gesellschaft als das zu erkennen, was sie ist und tut.
An diesem Abend werden die zentralen Thesen von Marcuses berühmten Aufsatz vorgestellt werden. In der Diskussion geht es darum, wie sich der Toleranzdiskurs seit 1968 entwickelt hat und ob mit der erneuerten Wiederkehr direkter Formen von Herrschaft in den letzten Jahren auch der Toleranzbegriff überdacht werden muss.“
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