Lieber Michael
Wir sehen das Schreiben der Partei- und Fraktionsspitze sowie der Grünen Schleswig-Holstein an die Partei bzgl. der Aufnahme von Koal.-verhandlungen zu “Jamaica” in Schleswig-Holstein kritisch (Anmerkung: Schreiben am Ende des Beitrages), da es unvollständig ist und Unschärfen, Ungenauigkeiten und teilweise sogar falsche Aussagen enthält, die wir in der schwierigen Situation SO einfach nicht leisten können und SO nicht stehen lassen können. Wir bitten Euch, das über den selben Verteiler nachzubessern und richtig zu stellen. Mit unpräzisen Aussagen riskieren wir weitere Verluste an grünen Wähler*innen.
Im Einzeln:
1. “Jamaika … ist aber in der aktuellen Situation die einzige Alternative zu Neuwahlen.”
Das stimmt nicht. Selbstverständlich gibt es die Möglichkeit einer Duldung einer Minderheitsregierung. Wäre dies seitens der Grünen signalisiert worden, könnten Neuwahlen vermieden werden. Alternativ wäre die FDP aufzufordern, ergebnisoffenen Verhandlungen auch mit der SPD zuzustimmen. Dies ist auch als Alternative nach den Jamaica-Koal.-Verhandlungen zu sehen, falls dort nicht vermittelbare Ergebnisse herauskommen.
2. “Für den Bundestagswahlkampf verändert sich nichts.”
Selbstverständlich hat eine derart öffentlich beobachte und diskutierte Koalitionsfindung drei Monate vor der Bundestagswahl Signalcharakter für eben diese Bundestagswahl. Das weiß jede*r, es zu leugnen ist zumindest blauäugig, wenn nicht unehrlich.
3. “Wir wollen die Jamaika-Debatte nicht befeuern … “
GENAU DAS passiert aber damit, und das ist jeder*m klar!
4. “Die FDP macht es übrigens nicht anders: Sie hat in NRW die Ampel ausgeschlossen, in Schleswig-Holstein nicht.”
Die FDP hat auch in Schleswig-Holstein – wenn auch mit Verzögerung – die Ampel ausgeschlossen, dies jetzt falsch darzustellen macht wenig Sinn. Wenn wir das schön reden und somit diese Erpressung der FDP durchgehen lassen, setzen wir damit jedoch ein verhängnisvolles Signal für die Zukunft!
5. “In NRW haben wir vor der Wahl ein Dominospiel der Koalitionsausschlüsse erlebt.”
DAS müsste zumindest heißen: “In NRW haben wir vor der Wahl ein Dominospiel der Koalitionsausschlüsse erlebt und unklugerweise selbst mitbefeuert”.
Unser Fazit: Wir bitten dringend um eine offene und ehrliche Diskussion in der Partei und in der Öffentlichkeit, weil alles andere uns weiteren Schaden zufügt. Daher bitte wir – wie gesagt – um eine Richtigstellung dieser Erklärung.
Den Freund*innen in Schleswig-Holstein wünschen wir viel Erfolg bei den Koalitionsverhandlungen und erwarten, dass NUR ein Koalitionsvertrag mit eindeutig erkennbarer starken grünen Handschrift den Mitglieder zur Abstimmung vorgelegt wird. NUR das könnte den Schaden für die Bundestagswahl minimieren.
Dafür alles Gute vom Orgakreis
Liebe Freundinnen und Freunde,
der Landesverband Schleswig-Holstein hat sich gestern Abend für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU und FDP entschieden. Hierzu schicke ich Euch eine in der Partei- und Fraktionsspitze sowie mit Schleswig-Holstein abgestimmte Einordnung. Über den weiteren Fortgang informiert der Landesverband auf dieser Seite: https://sh-gruene.de/nach-der-landtagswahl
Viele Grüße,
Michael
Aktiv wollen wir unsere inhaltlichen Punkte setzen.
Unsere Freundinnen und Freunde in Schleswig-Holstein übernehmen Verantwortung in politisch schwierigen Zeiten. Selbstbewusst und mutig hat der Landesparteitag für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit CDU und FDP gestimmt. Jamaika war nicht das Ziel, mit dem die GRÜNEN SH zur Landtagswahl angetreten sind, ist aber in der aktuellen Situation die einzige Alternative zu Neuwahlen. Die GRÜNEN SH nehmen die demokratische Verantwortung an, jetzt einen Koalitionsvertrag zu verhandeln, der die Basis bildet für eine handlungsfähige Regierung für die nächsten fünf Jahre. Das kann nur gelingen, wenn es inhaltlich passt und alle Parteien auf Augenhöhe und konstruktiv miteinander das Ziel verfolgen, Schleswig-Holstein ökologisch, sozial, gerecht, freiheitlich und weltoffen in die Zukunft zu führen. Das letzte Wort wird die Parteibasis haben. In einer Mitgliederbefragung wird sie nach Vorlage des Koalitionsvertrages über dessen Annahme entscheiden.
Für den Bundestagswahlkampf verändert sich nichts. Wir bleiben dabei, wir schließen nur die Zusammenarbeit mit der AfD aus. Wir sehen die größten inhaltlichen Schnittmengen mit der SPD.
Wir verschwenden jetzt keine Energie darauf, zu diskutieren, mit wem wir nach der Bundestagswahl koalieren könnten. Wir konzentrieren uns in den kommen vier Monaten darauf klarzumachen, wofür wir Grüne stehen. Jetzt muss sich vieles ändern, damit wir auch morgen gut leben können! Grün wählen,
• Weil Umweltschutz jetzt wichtiger ist als je zuvor.
• Weil die große Aufgabe der Integration jetzt angepackt werden muss.
• Weil wir jetzt gegen Armut und Ungleichheit vorgehen müssen.
• Weil Demokratie und Gleichberechtigung jetzt verteidigt werden müssen.
Wir wollen die Jamaika-Debatte nicht befeuern, deshalb nur auf Rückfrage.
Rückfrage Jamaika im Bund:
Länderbündnisse sind nicht auf die Bundesebene übertragbar. Denn die Themen, Akteure und Konflikte sind auf Bundesebene einfach andere. Anders als auf Landesebene, stellen sich auf der Bundesebene die großen Fragen zum Beispiel der Klimapolitik, der Zukunft der sozialen Sicherungssysteme sowie der Europa- und Außenpolitik.
So wie Rot-Rot-Grün in Berlin keine Blaupause für den Bund ist, ist es Jamaika in Schleswig-Holstein auch nicht. Im Bund haben wir es nicht nur mit der CDU und Angela Merkel, sondern auch mit der CSU und Horst Seehofer zu tun. Dazu käme mit der FDP noch eine zweite Zumutung. Inhaltlich gibt es in der Umwelt- und Klimapolitik große Differenzen zu Union und FDP, aber auch bei der Flüchtlingspolitik, der Ehe für alle und der Frage nach Investitionen in den Zusammenhalt Europas sehr unterschiedliche Positionen. Die Hürden für eine Zusammenarbeit auf der Bundesebene sind deshalb hoch. Deshalb: Ohne grüne Inhalte keine grüne Regierungsbeteiligung!
Rückfrage Jamaika-Ausschluss in NRW:
Die Koalitionsaussagen treffen bei Landtagswahlen die Landesverbände. Das hat keine Auswirkungen auf unsere Position für die Bundestagswahl. Die FDP macht es übrigens nicht anders: Sie hat in NRW die Ampel ausgeschlossen, in Schleswig-Holstein nicht. In NRW haben wir vor der Wahl ein Dominospiel der Koalitionsausschlüsse erlebt. Für uns im Bund wird ein solches Dominospiel kein Erfolgsmodell sein. Uns geht es ums wofür und nicht mit wem. Das wofür muss stimmen.
--
Michael Kellner
Politischer Geschäftsführer von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Platz vor dem Neuen Tor 1
10115 Berlin
T 030 28442 159
buero.kellner@gruene.de
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