Resolution des PETRA KELLY KREISES, die den Kriegseinsatz der Bundeswehr in Syrien ablehnt und die Bundestagsfraktion bittet, dies ebenfalls zu tun.
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RESOLUTION
Kein Kriegseinsatz der Bundeswehr in Syrien!
Einen politischen Prozess jetzt einleiten
„Zu lange haben die gemeinsamen Bemühungen um eine Friedenslösung für Syrien auf sich warten lassen. Sie müssen mit neuer Kraft in Angriff genommen werden, denn nur eine politische diplomatische Lösung wird die Region auf Dauer befrieden können. Syrien braucht eine breit getragene Verhandlungslösung unter Einbeziehung von Russland, dem Iran, Saudi-Arabien und den gesprächsbereiten syrischen Rebellen. Die Vereinbarungen der Wiener Syrien-Gespräche unter dem Dach der Vereinten Nationen sind ein erster Schritt in Richtung einer politischen Lösung, dem noch viele weitere folgen müssen“ – Beschluss von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der 39. Ordentlichen Bundesdelegiertenkonferenz in Halle, 20.-22. November 2015.
Der sogenannte „Krieg gegen den Terror“ ist nicht nur gescheitert, mehr noch, er hat seit dem 11. September 2001 unbeschreibliches Leid über viele Millionen Menschen gebracht und den Terrorismus weltweit weiter befeuert. Erst im März diesen Jahres hat die deutsche Sektion der „Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges“ (IPPNW) Opferzahlen des “Krieges gegen den Terror” allein im Irak, in Afghanistan und Pakistan veröffentlicht: 1,3 Millionen Menschen sind diesem demnach zum Opfer gefallen.1
Wenn nun die Bundesregierung als Reaktion auf die schrecklichen Anschläge in Paris mit Marine- und Lufteinheiten in den Krieg in Syrien einsteigen will, dann mahnen wir eindringlich vor einer solchen Fortsetzung einer gescheiterten und kontraproduktiven Bekämpfung des Terrorismus. Wenn Nörbert Röttgen (CDU) nun sagt: „In Syrien und im Irak verteidigen wir unsere nationale innere Sicherheit“, so erinnert uns dies fatal an Peter Strucks fast identischer Falschaussage zum Afghanistan-Krieg. In einem Punkt geben wir Röttgen allerdings Recht: „Völkerrechtlich darf nach der Charta der Vereinten Nationen Gewalt nur ausgeübt werden, wenn ein Mandat des Sicherheitsrates nach Kapitel VII der UN-Charta diese autorisiert oder das Recht zur Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 UN-Charta ausgeübt wird. Die jüngst verabschiedete Resolution 2249 des Sicherheitsrates erfüllt die Kriterien eines Mandates nach Kapitel VII nicht.“2 Das heißt: die gegenwärtigen militärischen Pläne haben keine tragfähige rechtliche Basis. Entgegen aller Sonntagsreden wird mit dem geplanten Bundeswehreinsatz im „Anti-Terror-Krieg“ die Politik, das Völkerrecht nicht zu beachten und beiseite zu schieben, fortgesetzt.
Statt einer Beteiligung der Bundesrepublik an einem nicht zu gewinnenden, sich vielfältig überlagernden Stellvertreterkrieg, ist ein politischer Prozess, ein „Westfälischer Frieden für Arabien“3, unserer Ansicht nach unumgänglich geworden, der mindestens folgende Ziele verfolgen sollte:
- Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit der internationalen Staatengemeinschaft auf der Ebene des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen.
- Eindämmen der Regionalmächte Türkei, Iran und Saudi Arabien und ihrer Stellvertreterkriege. Eine politische Neuordnung4 der Region und die Isolierung des IS/Daesh im Rahmen einer dauerhaften Friedens- und Sicherheitskonferenz unter Beteiligung der geopolitischen und regionalen Akteure. Die Anerkennung von Rechten von Minderheiten, sowie Modelle und Formen politischer Vertretung und Autonomie sind dabei auszuarbeiten.
- Beseitigung der Entstehungsbedingungen und der Nährböden der Parteien, die den Krieg um des Krieges Willen brauchen – des IS/Daesh und der ökonomischen Kriegsprofiteure.
- Koordiniertes Abschneiden des IS/Daesh vom Zustrom an Geld (Einfrieren der internationalen Konten ihrer Unterstützer), Waffen und Kämpfern sowie Unterbindung des Ölhandels, insbesondere was eine effektive Kontrolle der türkisch-syrischen Grenze betrifft.
- Kein Verkauf von Waffen an Saudi Arabien und andere Staaten, die im Syrienkrieg involviert sind.
- Ein international abgestimmtes Vorgehen gegen die ideologischen Wurzeln des islamistischen Terrorismus, wie den missionarischen Wahabismus und Salafismus oder andere möglichen Formen.
Die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollte sich im Bundestag und bei der Bundesregierung dafür einsetzen, dass die Bundesrepublik und die Europäische Union entsprechende Initiativen auf der Ebene der Vereinten Nationen ergreift. Wir befürchten sonst erhebliche Eskalationsgefahren, unzählige weitere Opfer des Terrors und des Krieges auf unbestimmte Zeit sowie zunehmend enger werdende Spielräume für eine politische Lösung.
Aus den genannten Gründen lehnen der Petra Kelly Kreis sowie die Unterzeichner*innen dieser Resolution den von der Bundesregierung geplanten Kriegseinsatz in Syrien ab und bitten die Bundestagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diese Ablehnung ebenfalls mit ihrem Abstimmungsverhalten im Bundestag zum Ausdruck zu bringen.
29.11.2015
Erstunterzeichner*innen:
Uli Cremer (KV Hamburg Eimsbüttel, Petra Kelly Kreis), Martina Lammers (KV Lüchow-Dannenberg), Sonja Karas (KV Oberhavel), Katrin Langensiepen (Sprecherin Landesarbeitsgemeinschaft Soziales Niedersachen, Sprecherinder BAG Behindertenpolitik, KV Hannover), Felix Pahl (KV Berlin-Pankow, ehem. Sprecher der BAG Frieden & Internationales), Astrid Rothe-Beinlich (MdL, Bündnis 90/Die Grünen im Thüringer Landtag und Parlamentarische Geschäftsführerin, Stadträtin in Erfurt, KV Weimar), Sava Stomporowski (KV Hamburg-Altona, Petra Kelly Kreis), Roland Vogt (KV Bad Dürkheim, Petra Kelly Kreis), Wolfgang G. Wettach (KV Tübingen, BAG Europa, Stv. Landesvorsitzender Europa-Union Baden-Württemberg), Stephan Wiese (KV Stormarn, Petra Kelly Kreis), Robert Zion (KV Weimar, Kandidat zur Urwahl für die Spitzenkandidatur 2017).
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