Der erweiterte Sicherheitsbegriff, der Beginn der 1990er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts begann, immer weitere politische Felder der militärischen Logik zu unterwerfen, hatte durchaus eine Geschichte in der Friedensbewegung. Von ihm wurde ein Bruch mit den klassischen Militärkonzepten erwartet, eine stärkere Betonung anderer Ansätze in der Außenpolitik, wie beispielsweise Entwicklungspolitik.
Sicherheit über die Freiheit zu stellen, heißt die Freiheit zu opfern und damit dasjenige, was unsere Gesellschaft lebenswert und menschlich macht. Wenn wir konservative Argumente wie Sicherheit hingegen ernst nehmen, die sagen, dass ein Leben in Freiheit gesellschaftliche Grundlagen benötigt, so können wir dies ja durchaus zugestehen. Aber eben, weil diese Sicherheit kein Selbstzweck ist, nicht schlicht den Staat wichtiger als die Menschen nimmt.
Wenn wir von einem derartigen Freiheitsbegriff her ein erweitertes System von Sicherheit denken, ein Konzept, in dem der Zugang zu Rohstoffen und damit Entwicklung für alle möglich bleibt, ein Konzept, welches die Wasserressourcen und die grüne Lunge des Planeten schützt, ein Konzept, welches eine freie Kommunikationsinfrastruktur für alle Menschen bereit stellt, dann ist dies ein tatsächlich multilaterales Projekt, hinter das sich alle stellen können.
Und in Zukunft werden mit dem Untergang des aktuellen Hegemons auch mehr Staaten sich für die Aufrechterhaltung der nun kommenden Weltordnung anstrengen müssen.
Die Frage ist, ob der Paradigmenwechsel gelingt. Denn Sicherheit in dem beschriebenen Sinne lässt sich wohl kaum durch Militär sicherstellen. Allenfalls die Atalanta-Mission besaß von allen Sicherheitsherausforderungen der letzten Jahre eine im Kern militärische Komponente. Alle anderen Herausforderungen kann das Militär kaum meistern.
Wir brauchen eine neue Sicherheitsstruktur. Eine, bei der nationale Armeen, auch wenn diese im internationalen Verbund operieren können, nur eine sehr begrenzte Rolle spielen. Mit anderen Ministerien, die die Sicherheit der Informationsgesellschaft aufrechterhalten, solchen, die frühzeitig Gefahren von Umweltgütern aufdecken und diese bearbeiten und Entwicklungspolitikministerien, die wachen, dass keine globalen Spannungen sich bis zur militärischen Eskalation hin ausweiten.
Um all dies denken zu können, brauchen wir einen anderen erweiterten, tatsächlich umfassenden Sicherheitsbegriff. Namentlich einen erweiterten Freiheitsbegriff. Dieser verspricht dann auch Frieden und nachhaltige Entwicklung.
Werner Hager
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