Simon Lissner – Dehrn, den 22.4.2019, Lídia Pelejà, 20.4.2019
Die europäischen Institutionen, die Bürgerinnen und Bürger Europas müssen in der kommenden Legislatur (Wahlen zum Europäischen Parlament am 26.5.2019) drei fundamentale Bedingungen verstehen und erörtern, die (nicht nur) den Konflikt zwischen Katalonien und Spanien angehen. Und sie müssen, gerade auch angesichts von Entwicklungen wie dem „Brexit“, politische Lösungen für einen der wichtigsten Konflikte innerhalb der Europäischen Union suchen.
Die europäische Gesellschaft und die politischen Institutionen können und dürfen vor dem Autoritarismus und der staatlichen Gewalttätigkeit der spanischen Zentralregierung gegen die politischen und sozialen Aktivisten der Unabhän-gigkeitsbewegungsbewegung in Katalonien nicht die Augen verschließen. Das demokratische Europa darf die offen-sichtlichen Angriffe auf bürgerliche Freiheiten durch die Regierung in Madrid ebenso wenig hinnehmen, wie etwa die teilweise Abschaffung der demokratischen Rechte und Freiheiten in Ungarn oder Polen.
Nach den schweren Ausschreitungen der spanischen Polizei gegen Teilnehmer des Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober 2017, setzt Madrid weiterhin auf eklatante Rechtsbrüche, um die eigenen Interessen gegen Katalonien durchzusetzen. Gewählte Mitglieder der katalanischen Regionalregierung werden seit 2017 in Gewahrsam gehalten. Die Richter verwehren den Gefangenen eine Entlassung gegen Kaution. Ihre Haftbedingungen gleichen denen von Schwerst-kriminellen.
Einer besonderen Erklärung bedarf es im Fall der beiden “Jordis”. Jordi Sánchez (ehemaliger Präsi-dent des Ver-ban-des Assemblea Nacional Catalana [Katalanische Nationalversammlung]) und Jordi Cuixart (Präsi-dent von Òmnium Cultural) werden der Rebellion, des Aufruhrs und der Aufwiegelung beschuldigt. Die “Jordis” sind seit 2017 im Gefängnis, obwohl sie keine Regierungsverantwortung tragen. Sie sind im Gefängnis, weil sie die Positionen der zwei wichtigsten pazifistischen, kulturellen und politischen Organisationen in Katalonien vertreten haben. Auch die Beschuldigung der Rebellion im Fall von Carme Forcadell, der früheren Präsidentin des Parlaments von Katalonien, sind an den Haaren herbeigezogen. Sie sitzt dafür im Gefängnis, dass sie eine politische Debatte in einem demokratisch gewählten Parlament im Oktober 2017 zuließ.
Nirgendwo sonst in Europa steht es unter Strafe, seine Meinung frei zu äußern, sich friedlich und demokratisch zu versammeln. Es ist zulässig und erlaubt, selbst wenn es um die Frage der Loslösung von einem europäischen Nationalstaat geht. Nur Madrid reagiert mit maßloser Gewalt und Repression.
Das Recht auf Selbstbestimmung und Unabhängigkeit ist seit dem XX. Jahrhundert ein international anerkanntes politisches Recht. Ein Recht, das die Kolonialzeit beendete und zur Staatenbildung in früheren Kolo-nien führte. Die starke und liberale Demokratie in Kanada und Quebec und zuletzt Schottland und auch die irische Insel und das Vereinigte Königreich stehen beispielhaft dafür, dass territoriale und Konflikte friedlich und auf demokratischem Weg gelöst werden können. Eben dies zu unterstützen, ist eine Qualität der Europäischen Union. Diese jüngeren Präzedenzfälle, insbesondere die Abstimmung in Schottland, demonstrierten, dass es möglich ist, diese ernsten, teilweise jahrhundertealten Konflikte durch ein vernünftiges Votum der Menschen in den europäischen Regionen zu beenden.
Madrid tritt den Rechtsstaat mit Füßen – Katalonien ist eine moderne, liberale, europäische Gesellschaft
Die historischen und politischen Bewegungen für die Selbstbestimmung im 19. und 20. Jahrhundert waren in Katalonien stets stark paneuropäisch. Dies erklärt, weshalb die katalanische Gesellschaft auch unter spanischer Herrschaft, seit Jahrhunderten im Kampf um viele soziale, wirtschaftliche, kulturelle und bürgerliche Rechte eine Vorreiterrolle eingenommen hat. In diesem Kontext ist es wichtig zu wissen, dass die historischen, geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen Kataloniens eine bedeutende Rolle für die Modernisierung und Liberalisierung des spanischen Staates gespielt haben. Die katalanische Gesellschaft zählt zu den modernsten, liberalsten und fortschrittlichsten in Spanien. Die katalanischen politischen Bewegungen sind stark und hauptsächlich von den liberalen, aufklärerische und demokratischen Bewegungen aus Mitteleuropa und angelsächsischen Ländern beeinflusst worden. Katalonien und seine Bürger*innen zählen zu den überzeugtesten und engagiertesten Befürworter*innen eines modernen, fortschrittlichen und demokratischen Europas.
Ein politischer Konflikt kann nie mit dem Strafgesetzbuch gelöst werden
Der politische und institutionelle Konflikt zwischen Spanien und Katalonien ist eskaliert. Im Jahr 2019 sitzen 12 Politiker*innen und Aktivist*innen in Haft, von der spanischen Justiz folgender Verbrechen beschuldigt: Rebellion, es drohen bis zu 30 Jahre Haft, Aufwiegelung, bis zu 15 Jahre und Unterschlagung, bis zu 8 Jahre, sowie des Unge-horsams. Die Bedingungen für eine politische Lösung haben sich durch die Rücksichtslosigkeit der spanischen Zentral-regierung und der Justiz seit Oktober 2017 verschlechtert. Auch wenn die Vorwürfe aus Madrid und der Justiz zunächst legitim erscheinen. Sie sind es nicht. Ein politisches Problem muss politisch gelöst werden. Und nur die Unnach-giebigkeit, ja Sturheit, des früheren Präsidenten Rajoy und seiner Partei, hat die Situation, auf die Spitze getrie-ben, so dass sich Abgeordnete des katalanischen Parlamentes vollkommen unverhältnismäßigen Beschuldigungen konfrontiert sehen, die sie bis zu 30 Jahre hinter Gittern bringen können. Die Beschuldigungen werden nicht nur vom früheren, bei dem politisch weit rechts stehenden Partido Popular beliebten Generalanwalt vorgetragen. Auch die gegenwärtige Regierung, von der scheinbar fortschrittlichen sozialistischen Partei PSOE, hält an den Beschuldigungen fest. Der Generalanwalt aus Spanien hält unverdrossen und die spanische Gesetzgebung ignorierend an dem Anklagepunkt Aufruhr fest. Eine Anklage wegen Rebellion gegen die 12 politischen und sozialen Aktivist*innen ignoriert, dass die Gesetzgebung Spaniens in der Definition einer Rebellion Gewalttätigkeiten der „Rebellierenden“ voraussetzt. Sie scheinen auch die, die europäische Rechtsauffassung teilende, Beurteilung des Gerichtes des deutschen Bundes-landes Schleswig-Holstein zur Auslieferung des früheren katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont nach Spanien zu übergehen. Das deutsche Gericht befand, dass nach deutschen Maßstäben von einer Rebellion keine Rede sein könne, und dass deswegen Puigdemont nicht ausgeliefert werde.
Betrachten wir die Ereignisse aus einer globaleren Perspektive. Der Kampf der Katalanen um Selbstbestimmung ist vermutlich die friedfertigste und liberalste Bewegung unter den Verfechtern einer Unabhängigkeit innerhalb Europas und seit Bestehen der Europäischen Union. Gewaltige Massendemonstrationen von Millionen Bürger*innen setzen sich für die sofortige Freilassung der ungerechtfertigt einsitzenden politischen Häftlinge (wohl einzigartig im westlichen Teil der Europäischen Union) und für das Recht auf katalanischen Selbstbestimmung ein.
2010: Das verfassungsmäßige Abkommen von 1978: Gebrochen
Der katalanische Kampf um einen eigenständigen nationalen Status ist eine Konstante während der ganzen modernen Geschichte Spaniens. Nach dem Tode des Diktators Franco endete die längste Diktatur Europas. Die frankistische Elite selbst leitete nun den Übergang von der Diktatur zur Demokratie ein. Sie kamen mit den Oppositionsbewegungen und den Vertretern der regionalen Parteien (den Politiker*innen der “historischen Nationalitäten”) überein und unterzeichnete das verfassungsmäßige Abkommen von 1978. Mit diesem Abkommen war es möglich, einen politischen Kompromiss zwischen den spanischen Eliten, den Autonomie fordernden Regionen, den sozialen Bewegungen und auch den Resten des Frankismus für die Zeit nach der brutalen Franco-Diktatur zu finden. Auf der Basis einer modernen Verfassung und unter demokratischen Bedingungen sollte die spanische Gesellschaft „Europa-Kompatibel“ werden.
Dieses Abkommen wurde im Sommer 2010 durch die Regierung in Madrid gebrochen. Auf Betreiben der politischen Rechten befasste sich das spanische Verfassungsgericht mit dem Abkommen von 1978 in Verbindung mit einem Zusatzabkommen aus dem Jahre 2005 (in dem den Katalanen eine größere Autonomie zugestanden wurde). Das Gericht erklärte zahlreiche, höchst sensible Punkte des Abkommens für nicht verfassungskonform und illegal. Das Abkommen selbst war bereits ein ausgehandelter Kompromiss zwischen der damals sozialistischen Regierung in Madrid und der katalanischen Regionalregierung. Diesem Abkommen stimmten die Katalanen in einem legalen Volksentscheid zu (2006) und legitimierten damit das Verhandlungsergebnis souverän.
Der Richterspruch löste einen der größten Konflikte seit 1978 in Spanien aus. Der richterlich sanktionierte Bruch des Abkommens berührte neben anderen, zentrale Aspekte des katalanischen Selbstverständnisses, für das man jahrzehnte- ja jahrhundertelang gekämpft hatte: Die Verwendung der eigenen Sprache, katalanisch ist eben kein „spanischer Dialekt“, die ungerechte Besteuerung durch Madrid, und der Status der Region, die sich als eigenständige Nation versteht und nicht als „Region mit historischer Staatsangehörigkeit Spanien“. Damit riss das Gericht zur Freude der politischen Rechten (Altfrankisten und anderer Reaktionäre aller Couleur) in Spanien alte Gräben wieder auf. Unmittelbar auf diesen Richterspruch folgte, was folgen musste: Es entstand die größte Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien, und vermutlich eine der größten in der Europäischen Union.
Zum ersten Mal in der Geschichte gingen mehr als eine Million Menschen bei einer Gesamtbevölkerung von 7,5 Millionen Katalanen auf die Straßen in Barcelona und forderten Freiheit, Demokratie und Unabhängigkeit. Erst der höchstrichterliche Bruch des Abkommens führte dazu, dass bis 2019 sich um die 50% der Katalanen für die Trennung von Spanien, aber Verbleib in der Europäischen Union aussprachen und diese Forderung durch regelmäßige Massendemonstrationen bis heute unterstreichen. Bis zum Bruch des Abkommens war die Frage der Loslösung eine Angelegenheit von allenfalls 10% der Katalanen. Die überwältigende Mehrheit war mit dem Erreichten vollkommen zufrieden.
Ignoranz, Schikane und Gewalt gegen die europäischen Bürger*innen Kataloniens – und die Repräsentanten der Europäischen Union schweigen!
Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichts im Jahr 2010 fragten die Vertreter der Selbstbestimmungsbewegung in Katalonien bei der Zentralregierung wenigstens 18-mal an, um einen neuen, verfassungsgemäßen Deal auszuhandeln. Sie forderten, ein Referendum zur neu entstanden Lage abzuhalten. Ein solcher Deal hätte nach bekunden der beiden größten Organisationen und Parteien der Vertreter der Unabhängigkeit für Katalonien nicht die Loslösung von Spanien gefordert, sondern es ging um die Rettung der Errungenschaften des Abkommens von 2005. Ein Referendum sollte die Zukunft zwischen Katalonien und Spanien auf lange Zeit auf demokratische Weise entscheiden. Ein solcher, neuer Deal wurde von Madrid kategorisch verweigert.
Im Jahr 2015 beschloss die katalanische Regierung, nachdem sich die beiden größten Parteien der Unabhängigkeitsbewegung auf ein gemeinsames Vorgehen geeinigt hatten, unabhängig von der Verweigerungshaltung Madrids, einen Volksentscheid über die politische Zukunft von Katalonien abzuhalten. Der Volksentscheid für Selbst-bestimmung wurde auf den 1. Oktober 2017 terminiert und sofort nach der Bekanntgabe (Gesetz vom 6.9. über das Referendum zur Selbstbestimmung, welches auch eine symbolische Unabhängigkeitserklärung enthielt) vom Verfassungsgericht in Madrid für illegal erklärt.
Die katalanische Regionalregierung entschloss sich, das Referendum (das nun nach dem Verbot eine Volksbefragung ohne jegliche Rechtsverbindlichkeit war) entgegen der Weisung dennoch durchführen zu lassen. Daraufhin wurde die Regierung durch die Zentralregierung in Madrid aufgelöst und es kam zu Neuwahlen in Katalonien. Nachdem also das Referendum verboten worden und den Amtsträger*innen des katalanischen Parlamentes auferlegt worden war, sich aller Aktivitäten in Sachen eines Referendums zu enthalten, setzten diese ihre Aktivitäten zwar zunächst fort, taten das aber spätestens mit dem 21.10. eben als freie Bürger eines freien Landes und nicht als Amtsträger*innen. Als solches war die Veranstaltung eine massenhafte Meinungsäußerung, eine Volksbefragung, mit einem symbolischen Stimmzettel. Mit anderen Worten: dies war kein Referendum. Folglich begannen die Amtsträger zivilen Ungehorsams – nicht jedoch eine bewaffnete Rebellion. (vergl. dazu die ausgezeichnete Zusammenfassung von Prof.Dr.K.Preuß, https://verfassungsblog.de/spanische-tragoedie/ Nirgendwo in Europa, Spanien einmal ausgenommen, wird man für zivilen Ungehorsam mit derartig drakonischen Strafen bedroht. Die Gewalttätigkeiten und unverhältnismäßigen Polizeieinsätze gegen die Teilnehmer der Volksbefragung dauerten nahezu den ganzen schwarzen Tag des 1. Oktober.
Die Bilder einer geradezu marodierenden, schwer bewaffneten Polizei gegen friedlich demonstrieren-de Bürger*innen, gingen um die Welt. Der Tag endete mit mehr als 1.000 Verletzten. Laut der offiziellen Zahlen lag die Beteiligung an der Volksbefragung bei insgesamt 43%. Bei dem von der spanischen Polizei und dem auf Geheiß der Regierung in Madrid veranstalteten Polizeiterror ein ausgesprochen starkes Votum. 90% derer, die sich an diesem Ereignis beteiligten, sprachen sich für eine Unabhängigkeit von Katalonien aus. Man wundert sich nicht nur in Katalonien über die offensichtliche Zurückhaltung des Europäischen Parlaments und der EU Mitglieder über die unverhältnismäßige, gewalttätige Politik der spanischen Zentralregierung.
Viele Katalanen beteiligten sich aus Protest gegen den Beschluss der Regionalregierung nicht, obwohl sie grundlegende Positionen hinsichtlich der Unabhängigkeit von Spanien teilten. Diese Katalanen wollten den Richterspruch aus Madrid respektieren. Angesichts des Ergebnisses der Volksbefragung/Referendum beschloss das katalanische Parlament eine symbolische Unabhängigkeitserklärung. Für die Eskalation der Auseinandersetzung in Katalonien ist auch das völlige Führungsversagen der EU und des EP mit verantwortlich zu machen. In einem unwürdigen Schauspiel von Verantwortungslosigkeit erklärte sie die Auseinandersetzung zur „innerspanischen Angelegenheit“, in die man sich nicht „einmischen“ wolle und hob allenfalls den Zeigefinger.
Dieser offen zu Tage liegende mangelnde Einsatz für ein modernes Europa, beginnt sich zu rächen. Während sich die Katalanen mit friedlichen, demokratischen Mitteln um einen eigenständigen Platz in der EU bemühen, ist nicht ausgemacht, wie sich dieser Prozess, zum Beispiel in Irland gestalten wird. Experten sehen durchaus die Gefahr von Gewaltausbrüchen, nach Jahrzehnten des Friedens und Ausgleichs im Rahmen der EU (in der vergangenen Woche wurden erste Nachrichten über beunruhigende Entwicklungen in Londonderry berichtet). Diese Besorgnis ist begründet, auch deshalb, weil die Enttäuschung über das mangelhafte Engagement der EU-Administration zur Radikalisierung beitragen kann. Wir warten auf Antwort: Ist die Europäische Union nur ein offener Markt für Waren und Dienstleistungen? Oder ist, bzw. wird die EU ein politisches und demokratisches Projekt, das die Menschen-, bürger– und politischen Rechte innerhalb der eigenen Grenzen in allen Mitgliedsstaaten respektiert und gege-benenfalls durchsetzt, auch und gerade dann, wenn diese von „unbequemen“ politischen Bewegungen einge-fordert werden?
Die folgenden Ereignisse führten zur Auflösung des Regionalparlamentes gemäß Artikel 155 der spanischen Verfassung und der Machtübernahme durch Vertreter des spanischen Premiers. Es wurden Neuwahlen für den 21. Dezember 2018 angesetzt. Die Wahlen fanden unter denkbar repressiven Vorzeichen statt. Die katalanischen Par-teien, die sich für die Unabhängigkeit einsetzen, einigten sich auf Carles Puigdemont. Dieser floh vor seiner Verhaftung nach Belgien ins Exil. Ein weiterer Kandidat, Oriol Junqueras, saß bereits in einem Gefängnis in Madrid. Die Parteien der Unabhängigkeitsbewegung gewannen die Wahlen erneut und erzielten eine absolute Mehrheit.
Wie geht es weiter?
Gewiss, das Wahlergebnis ist auch ein Hinweis darauf, dass die katalanische Gesellschaft tief gespalten ist. Für etwa die Hälfte der Bevölkerung hat die Unabhängigkeit Priorität. Aber es überrascht nicht, dass die wirklich größere Mehrheit der Bevölkerung in Katalonien (etwa 75%), die Auseinandersetzungen der hinter uns liegenden Jahre gerne in eine föderalistische Verfassungsreform münden ließe. Diese sähe eine größere Autonomie für Katalonien und alle anderen Regionen vor. Ein solcher Ansatz zur Lösung des Konflikts wurde im Wesentlichen bereits im 20. Jahrhundert von Katalonien gefordert worden. Diese Forderung wurde lange Zeit von der politischen Elite in Madrid mit Sturheit ignoriert. Mit dem Urteil und dem Bruch des Abkommens von 1978/2005 wurde das Rad der Geschichte zurückgedreht. Wenn wir die gegenwärtige politische Tages-ordnung rechtsorientierter Parteien wie es Partido Popular, der Ciudadanos oder der rechtsradika-len Vox betrachten, ist die Tendenz unübersehbar: Re-zentralisierung und Auflösung der Autonomie. Und sogar in der sozialistischen PSOE gibt es konservative Strömungen, die wider jede Vernunft, die Möglichkeit einer föderalen Reform und Lösung des Problems ausschließen.
Zur sozialen Realität in Katalonien gehört auch ein weiterer großer Konsens. Etwa 80% der Bevölkerung möchten den Konflikt für Selbstbestimmung politisch lösen. Die große Mehrheit der Katalanen, einschließlich jener, die die Unab-hängigkeit von Katalonien nicht wollen, sind sich einig: zur Lösung dieses Dauerkonfliktes muss es einen demokratischen Weg geben. Katalonien ist nicht Untertan des Zentralstaates, sondern muss seine Geschicke auf Augenhöhe mitbestimmen.
Die Europäische Union muss eine klare und entschlossene Haltung einnehmen. Der Einfluss der dialogbereiten Parteien, die den Konflikt mit Reformen beilegen wollen, sind in Spanien sehr schwach. Umso notwendiger ist es, dass die europäischen Administrationen einen Weg finden, die Kontrahenten an einen Tisch zu bringen, um eine wahrlich europäische, politische Lösung zu erarbeiten. Wir müssen gemeinsam verhindern, dass in Katalonien politische Unter-drückung salonfähig wird.
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