Ein breites systemkritisches Bündnis mobilisierte am 31.3.12 in zahlreichen Städten Europas gegen Kapitalismus und autoritäre Krisenverwaltung, so auch in Frankfurt, wo ca. 5000 DemonstrantInnen auf die Straße gingen. Werner Hager fand sich am späten Nachmittag an der Stelle wieder, an der die Demonstration von der Polizei in zwei Blöcke getrennt wurde und Böller geflogen waren.
Hi Werner, warum bist Du statt zu der grünen Landesdelegiertenkonferenz zum march31 gegangen?
Diese Demonstration wendet sich gegen eine europäische Austeritätspolitik, die aktuell noch erfolgreich versucht, die kapitalistischen Krisenerscheinungen autoritär zu verwalten. Das Gesellschaftssystem, in dem wir leben, der Kapitalismus, ist nun mal ein unmenschliches System, welches permanent Krisen produziert.
Was kritisierst Du an unserem Gesellschaftssystem?
Der Kapitalismus ist ein System der Selbstverwertung des Werts, kein System, in dem menschliche Bedürfnisse Vorrang haben oder überhaupt der Mensch im Zentrum steht; er ist bereits im Kern destruktiv gegenüber den materiellen Naturgrundlagen.
Richtet sich der Protest heute auch gegen Europa?
Der Protest ist mehrheitlich antinational, aber auch gegen einen sich herausbildenden europäischen Nationalstaat gerichtet, ohne jedoch zurück zu dem alten Nationalismus zu streben, buy paxil.
Ist die Europäische Zentralbank dafür nicht die falsche Adresse?
Die EZB setzt als Institution der Europäischen Union eine Politik um, die in erster Linie deutschen Interessen dient, in zweiter Linie aber auch den übrigen Nationalstaaten. Der Protest gegen die EZB richtet sich primär gegen die Verhältnisse, die mit Hilfe ihrer Politik aufrecht erhalten werden. Insofern erscheint er mir absichtlich symbolisch.
Was aber kann eine Demonstration durch die Frankfurter Nebenstraßen Deiner Meinung nach an dieser Politik ändern?
Obwohl verschiedenste Krisenerscheinungen sich permanent in den Medien befinden, entwickelt sich keine Kritik an ihrer Ursache. Der march31 vernetzt international Gruppen, die bereit sind, das kapitalistische System in Frage zu stellen und Systemkritik zu treiben. Wächst march31 wird diese Kritik endlich auch gesellschaftlich wahrnehmbar.
Schließt die march31-Bewegung auch Angriffe gegen Sachen und PolizistInnen mit ein?
March31 ist eine politische Organisation, die sich gegen ein zutiefst gewalttätiges Regime wendet; sie versucht, wie auch die Polizei, Medienbilder zu erzeugen. Irrationale Gewaltanwendung dient diesem Ziel nicht, andererseits kann es mE auch nicht im Interesse von march31 sein, als harmlose, bunt-alternative Gutmenschen das Medienziel der Politik umzusetzen. Die Umstände, die zu der Gewaltanwendung führten, müssen exakt und vor jeder Vorverurteilung aufgearbeitet werden. Das march31-Bündnis hatte mehrfach ausdrücklich erklärt, dass die Demonstration sich nicht gegen die Polizei, sondern gegen die EZB richte.
Du hast nun für die Demo auf die Anwesenheit bei einer grünen Veranstaltung verzichtet. Wäre Deine Kritik dort nicht besser angebracht?
Aktuell sehe ich nicht, dass Grüne Träger kritischer Ansätze sind – diese entstehen außerhalb der Parteien. Ich wünsche mir von den deutschen Grünen eine Unterstützung der Wiederbelebung kritischen Denkens und etwas weniger Beteiligung an einer – wenn auch gut gemeinten – Verwaltung der bestehenden Zustände.
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