Berlin, 15.10.2001
Aufstand für den Frieden - Aufstand für die Grünen Mit dem Beginn der Angriffe auf Afghanistan stehen die Grünen vor ihrer möglicherweise größten Herausforderung: Bleiben wir als Partei bestehen? Ein großer Teil unserer Mitglieder kann und will einen Krieg nicht mittragen - anders als die Parteiführung. Alle diese Mitglieder rufen wir auf: Steht auf für eure Positionen! Bleibt oder werdet wieder aktiv bei Bündnis 90/Die Grünen. Kommt zu Mitgliederversammlungen. Kommt zur Delegiertenkonferenz nach Rostock, und zwar als Delegierte. Beteiligt euch an der Debatte, schreibt Resolutionen, schreibt euren Abgeordneten, STEHT AUF!!! Alle, die mit Austrittsgedanken spielen oder dies bereits angekündigt haben, bitten wir inständig, dies nicht zu tun. Alle, die sich mit ihrer kritischen Haltung wie wir in der Minderheit sehen, rufen wir auf: Lasst uns Aufstehen und unsere Leute wecken, denn wir sind die Mehrheit! Wir glauben nicht, dass der Terrorismus mit militärischen Mitteln bekämpft werden kann, erst recht nicht mit Bomben und Truppen derjenigen, gegen die sich der Hass vieler schon vorher gerichtet hat. Im Gegenteil: es werden weitere junge Männer in die Arme von Fanatikern getrieben, ein Bürgerkrieg wird angeheizt und die Atommacht Pakistan wird destabilisiert, die Gefahr eines Putsches wird dort von Tag zu Tag größer. Wir glauben vor allem nicht, dass die Regierung ununterbrochen volle Solidarität mit diesem Vorgehen demonstrieren muss. Es ist die Pflicht der deutschen Regierung auf Besonnenheit und Zurückhaltung zu drängen, auf Rechtsstaatlichkeit, auf Einhaltung des Völkerrechts und vor allem auf den Schutz der Zivilbevölkerung. Es ist die Aufgabe von uns Deutschen auf eine nichtmilitärische Terrorismusbekämpfung zu bestehen, diese voranzutreiben und zu Erfolgen zu führen, denn "Deutsche Außenpolitik ist Friedenspolitik." Um die Rolle der Grünen müssen und können wir uns streiten. Wir glauben, dass die Grünen die Aufgabe haben in dieser Regierung und in dieser internationalen Allianz für Besonnenheit, Zurückhaltung und nichtmilitärische Mittel einzutreten. Wir glauben, dass diese Position einen breiten Rückhalt in der Bevölkerung und vor allem bei den potentiellen grünen WählerInnen finden wird, denn die große Mehrheit unserer AnhängerInnen ist gegen diesen Krieg. Und deshalb ist es unsere Pflicht, für diese Überzeugungen innerhalb der Grünen einzustehen! Gerade Bündnis 90/Die Grünen bieten alle Möglichkeiten für unseren Aufstand. Grüne Politik ist pluralistisch, und anders als bei anderen etablierten Parteien funktioniert grüne Demokratie nicht von oben nach unten. Bei uns kamen die Impulse immer von unten - so muss es auch heute sein! Die Bundestagsfraktion und die Parteiführung haben ihre Meinung. Sie leiten ihr Handeln daraus ab. Wir sollten das auch tun. Es ist keine Schwächung der Partei, wenn wir unsere Meinung mitteilen und dafür kämpferisch eintreten! Denn eines muss allen, die jetzt resignieren und müde sind klar sein: Demokratie heißt für seine Positionen aufzustehen, Mehrheiten zu finden, oder Mehrheiten zu ändern. Und es heißt auch, als Minderheit mal zu verlieren - aber Demokratie ist genau dann am Ende, wenn eine Minderheit aufhört, eine Mehrheit werden zu wollen. In unserem Fall würde das bedeuten, dass die Grünen am Ende wären - dann verlieren nicht nur wir als Minderheit. Dann verlieren alle. Das Risiko einer persönlichen Niederlage sollten uns die grünen Ideale wert sein - und das sollte uns der Frieden wert sein. Das müssen uns aber auch die vielen Menschen wert sein, die in unserer Partei die einzig wählbare - weil kritische - politische Kraft sehen. Auf uns haben viele ihre Hoffnungen gesetzt - doch nicht nur unsere Parteispitze enttäuscht diese Menschen, auch wir, wenn wir nicht für unsere Überzeugungen aufstehen. Hier haben wir eine Verantwortung, denn diese Menschen wollen nicht zur PDS! Sie sind genauso resigniert wie viele von uns. Zeigen wir ihnen, dass es Möglichkeiten gibt! Nicht zuletzt haben wir eine große Verantwortung in der Innenpolitik. Denn neben einer grünen Außenpolitik muss es auch eine grüne Innenpolitik geben, ein Feld, das wir bisher recht erfolgreich bearbeitet haben. Vor allem hier braucht es Grüne, die sich für Freiheit und BürgerInnenrechte mit aller Kraft einsetzen, die Antreten gegen den völlig inakzeptablen Schily und seine CDU, gegen Bundeswehreinsätze im Innern, gegen Regelanfragen für AsylbewerberInnen, gegen die Stigmatisierung von Tausenden, gegen die unkontrollierte Aufweichung des Datenschutzes und vor allem für einen Überprüfungsvorbehalt der neuen Maßnahmen auf ihre Wirksamkeit. Doch wir werden auch in all diesen Fragen verlieren, wenn wir wegen der Außenpolitik unser politisches Engagement aufgeben. Wir alle haben in dieser Partei etwas zu sagen. Es sind viele, die unsere Haltung teilen. Wenn alle ihre Meinung laut sagen, wird man uns nicht mehr ignorieren können! Und deshalb: Wir wollen einen Aufstand für den Frieden. Wir wollen einen Aufstand für die Grünen. Trotz möglicher Minderheitenpositionen und trotz der Gefahr einer Niederlage wollen wir einen Aufstand gegen die Resignation, gegen enttäuschte Austritte und gegen Kritiklosigkeit. Lasst uns aufstehen für grünen Pluralismus und Streitlust! UnterstützerInnen: BuVo Grüne Jugend GRÜNE JUGEND |