BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Beschluß der 13. Ordentl. Bundesdelegiertenkonferenz
05.-07. März 1999 in Erfurt, Neue Messe  Übersicht

The answer is energy
So what was the question? (Amory B. Lovins)

Für die Beendigung des atomaren Risikos und den Aufbruch in eine verantwortbare Energiewirtschaft

Der Ausstieg aus der Atomenergie und der Einstieg in eine moderne zukunftsfähige Energiewirtschaft ist ein zentrales Ziel unserer Umweltpolitik. Zwei große ernstzunehmende Sorgen treiben uns dabei an: Die eine Sorge entspringt dem Wissen um die Unbeherrschbarkeit der Atomenergie, der Angst vor katastrophalen Unfällen und der ungelösten Frage "Wohin mit dem Atommüll?". Die andere betrifft die Klimaerwärmung als Folge der CO-2 Anreicherung in der Erdatmosphäre. Eine verantwortbare zukunftsfähige Energiepolitik darf die Risiken der Atomenergienutzung nicht gegen die Risiken fossiler Energieträger ausspielen. Ob der Ausstieg "unumkehrbar" wird, entscheidet sich mit dem konsequenten Einstieg in eine Energiewirtschaft, die auf rationelle Energienutzung und -umwandlung und auf regenerative Energiequellen setzt. Die Beendigung des atomaren Risikos und der Aufbruch in eine verantwortbare Energiewirtschaft ist eine Zukunftsaufgabe, deren Lösung darüber entscheidet, wie die Menschen zukünftig mit der Welt umgehen wollen.

Die ersten vier rot-grünen Monate haben uns gezeigt, daß wir vom Atomausstieg noch weit entfernt sind. Das provokative, erpresserische Auftreten der Atomindustrie trifft auf die Unentschlossenheit des Kanzlers und seiner Partei. Die ersten Monate haben uns also die Machtverhältnisse zwischen Energieindustrie und Politik noch einmal deutlich gezeigt. Um das durchzusetzen, was wir für notwendig halten werden wir uns in diesen Machtverhältnissen behaupten müssen. Über die richtigen Konzepte hinaus, wird sehr viel politische Kraft, Geduld und Phantasie notwendig sein. Der Ausstieg aus der Atomindustrie ist eine historische Aufgabe. Uns geht es um die Verantwortung für das Leben und nicht um die kurzfristigen Renditeerwartungen der Atomindustrie. Mit unserer Energiekampagne werden wir uns mit allen Kräften und Möglichkeiten in die gesellschaftliche Situation um eine neue Enrgiepolitik einmischen. Wir wollen die Mehrheiten für den Ausstieg stabilisieren und ausbauen und den energiepolitischen Zielen der Bundesregierung neuen Schub geben.

In diesem Sinne fordern wir von der rot-grünen Bundesregierung:

  • den gesellschaftlichen Konsens für einen schnellen Ausstieg umzusetzen. In den Mittelpunkt der Atompolitik und an den Anfang der Gespräche mit der Industrie gehört der Ausstieg, das heißt die Festlegung von Restlaufzeiten für alle Atomkraftwerke der Bundesrepublik auf der Grundlage des grünen Ausstiegskonzeptes. Neben dem Ziel kurzer Restlaufzeiten muß erreicht werden, daß bereits in dieser Legislaturperiode Atomkraftwerke abgeschaltet werden.
  • ein neues Gesamtkonzept für die Entsorgung von Atommüll zu entwickeln und umzusetzen. Die wissenschaftlich technische Arbeit zur Definition von Sicherheitskriterien für ein Endlager ist ein richtiger Schritt. Wir erwarten den Ausstieg aus dem Endlager Schacht Konrad und die Umsetzung des Moratoriums für das Endlager Gorleben noch in diesem Jahr. Die Suche nach einem geeigneten Endlager kann nur unter der Bedingung des Ausstiegs auf Akzeptanz treffen. Feste Stillegungstermine für die einzelnen Atomkraftwerke sind auch Voraussetzung für die Errichtung von dezentralen Zwischenlagern, die der Lagerung des kraftwerkeigenen Mülls dienen. Die Wiederaufnahme der Atomtransporte kommt für uns vor einem erfolgreichen Abschluß der Konsensgespräche, bzw. vor Verabschiedung eines Ausstiegsgesetzes mit klaren Fristen für alle Reaktoren nicht in Frage. Auch danach dürfen Atomtransporte nur durchgeführt werden, wenn technisch höchste Sicherheitsanforderungen an die Behälter erfüllt werden.
  • weiter den Ausstieg aus der Wiederaufarbeitung im Ausland zu betreiben. Die Wiederaufarbeitung muß beendet werden, weil die Plutoniumfabriken in LaHague und Windscale/Sellafield ständige Quelle radioaktiver Verseuchung sind. Die Wiederaufarbeitung trägt nichts zur Entsorgung bei, sondern vergrößert das Atommüllproblem.
  • den Umbau der Energiewitschaft durch eine Gesamtstrategie für eine Strom- und Energiesparwirtschaft zu sichern. Das 100.000-Dächer-Programm ist ein guter Anfang. Effiziente und rationelle Energieerzeugungtechniken und der Einsatz von Wasser, Wind und Sonne müssen ausgebaut werden. Mit Energie- und Ökosteuern muß der Umbau der Energiewirtschaft gesteuert werden.
  • offensiv für die Chancen einer modernen, risikoarmen und ressourcenschonenenden Energiewirtschaft ohne Atomstrom zu werben. Der Umbau der Energiewirtschaft ist das Beste arbeitsmarktpolitische Programm, das diese rot-grüne Regierung anzubieten hat. Die Chance, zehntausende von neuen Arbeitsplätzen zu schaffen, darf nicht vertan werden. Nicht die Atomindustrie, sondern die Enrgiewende schafft Arbeit.

Wir wollen, daß die Grünen nicht nur in der Regierung, sondern überall Tempo machen für den Ausstieg aus der Sackgasse Atomkraft und dem Einstieg in eine moderne, verantwortbare Energiewirtschaft.