BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Beschluß der 12. Ordentl. Bundesdelegiertenkonferenz
11.-13. Dezember 1998 in Leipzig, Congress Centrum   Übersicht

 

Schutz des Wattenmeeres - Konsequenzen aus Schiffshavarie im Wattenmeer ziehen

Das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer ist ein weltweit einzigartiges Ökosystem. Wegen seines hohen touristischen Wertes ist es darüber hinaus wesentliche Grundlage für die wirtschaftliche Existenz der Menschen an der Westküste Schleswig-Holsteins.

Es muß daher alles getan werden, um zu jeder Zeit und auf Dauer den umfassenden Schutz des Wattenmeeres und der Küsten vor den Folgen eines Schiffsunfalls in der Deutschen Bucht gewährleisten zu können. Der Schutz des Ökosystems Wattenmeer muß Maßstab sein für jegliche Anstrengungen, die im Fall von Schiffahrtsunfällen, wie der Havarie der "Pallas", unternommen werden.

In der aktuellen Situation sind alle Maßnahmen zu treffen, um die weitere Ölverschmutzung des Wattenmeeres zu verhindern, indem das noch im Schiff verbliebene Öl schnellst möglichst abgepumpt wird, und die bereits eingetretene Ölverschmutzung beseitigt wird. Über die Beseitigung des Wracks muß nach ökologischen Kriterien entschieden werden. Darüber hinaus fordert die Bundesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Bundesregierung auf, zusammen mit den Küstenländern und mit VertreterInnen der betroffenen Region und der Naturschutzverbände unter Hinzuziehung unabhängiger ExpertInnen eine schonungslose Analyse der Ereignisse um die verunglückte "Pallas" vorzunehmen. Aus dem Ablauf des Schiffsunfalles und den Bergungsbemühungen müssen die richtigen und notwendigen Konsequenzen gezogen werden, damit derartig schwerwiegende Folgen von Schiffsunglücken in Zukunft vermieden werden.

Für unabdingbar halten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dabei die Überarbeitung des Konzeptes zur Sicherung der Deutschen Bucht unter besonderer Berücksichtigung der Tankerrouten. Kernforderung ist die dauerhafte Bereitstellung einer in Notsituationen ausreichenden Schleppkapazität sowie die eindeutige und mit den erforderlichen Kompetenzen und dem nötigen Know-how ausgestattete Zuständigkeit des Bundes in der Einsatzleitstelle in Cuxhaven. Mittelfristig muß diese durch eine zentrale Küstenwache in der Verantwortung des Bundes ersetzt werden, die bei Gefahr ohne Rücksicht auf langwierige Abstimmungsprozesse mit Reederei oder Behörden sofort die notwendigen Maßnahmen ergreifen kann.

Weiterhin sind die nationalen und internationalen Regelungen zur Vermeidung einer Havarie bzw. für den Fall einer Havarie mit den folgenden Zielen zu Überarbeiten:

  • Schneller Zugriff auf verunglückte Schiffe.
  • Optimale Abstimmung mit den Nachbarstaaten beim Schleppereinsatz, z.B. mit Dänemark, wo bislang kein qualifizierter Schlepper stationiert ist.
  • Einheitliche Ausbildungs- und Sicherheitsstandards für alle Seeschiffe (z.B. nach dem Standard für Schiffe unter Bundesflagge).
  • Intensive Schulung von Einsatzkräften und Leitstellen für solche Unfälle.
  • Die Einrichtung eines internationalen Haftungsfonds, um die absolute Priorität der Bergung von havarierten Schiffen (nach der Bergung der Besatzung) zu gewährleisten und um Folgekosten nach Schiffsunfällen abzusichern.
  • Durchsetzung des Verursacherprinzips zur Haftung der Reeder und ihrer Versicherer.

Die Bundesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordert darüber hinaus die Bundesregierung auf, das Wattenmeer und die gesamte Nordsee als "Besonders empfindliches Seegebiet" auszuweisen. Damit würde auch außerhalb der 12-Seemeilen-Zone ein von der Internationalen Schiffahrtsorganisation IMO anerkannter Schutzstatus erreicht. Schadstoffeinleitungen müssen verhindert, Schiffahrtsrouten vorgeschrieben oder andere Vorsorgemaßnahmen wie Lotsenpflicht und Eskortpflicht für erkennbare Problemschiffe sowie spezielle Leit- und Überwachungssysteme für Schiffe mit gefährlicher Ladung eingeführt werden.

Außerdem fordert die Bundesdelegiertenkonferenz von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN von der Bundesregierung, daß sie im Zuge ihres EU-Vorsitzes im kommenden Jahr unverzüglich eine europäische Initiative startet, um zu erreichen, daß in allen europäischen Häfen nur noch Schiffe mit gut ausgebildeter Besatzung und angemessenem Sicherheitsstandard einlaufen dürfen und daß die Entsorgung aller Schiffsabfälle einheitlich Über das Hafengeld gewährleistet wird.