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Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz 6.8. März 1998 in Magdeburg, Bördelandhalle |
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Resolution | R-V-8 | |
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Die Bundesregierung plant als willfährige Erfüllungsgehilfin der Atomindustrie den nächsten CASTOR-Transport. Voraussichtlich am 25. März wird der Zug mit sechs CASTOR-Behältern von insgesamt 570 m Länge von Grundremmingen und Neckarwestheim über Hessen und Ostwestfalen ins Zwischenlager nach Ahaus rollen.
Zeitpunkt, Größe und Logistik des Transports stellen eine politische Provokation dar. Entgegen allen Sicherheitsbedenken wird ein Transport quer durch die Republik geführt, obwohl es durch die Zwischenlagerung keinerlei Sicherheitsgewinn gibt. Im Gegenteil: Wird ein im Zwischenlager befindlicher CASTOR-Behälter undicht, entweicht Radioaktivität aus der offenen Halle direkt in die Umwelt. Zu Reparaturen muß der CASTOR zum AKW-Standort zurücktransportiert werden.
Grundremmingen, Deutschlands größtes Atomkraftwerk, war schon immer der "Vorreiter" der deutschen Atomwirtschaft. Grundremmingen ist als erstes Groß-AKW ans Netz gegangen, der erste Totalschaden eines deutschen AKWs hat im Block A stattgefunden und auch die ersten Transporte zur WAA in Sellafield gingen von Grundremmingen aus.
Vom schwäbischen Grundremmingen sollen nun erstmals die neuen Super-Castoren V/52 abfahren - das Strahlenpotential des Transports ist damit mehr als 10mal höher als bei den bisherigen Castortransporten.
Neben den Strahlungsrisiken gehen mit den Atomtransporten erhebliche Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit und der demokratischen Grundrechte einher. So wurde etwa der CASTOR-Transport 1996 von La Hague nach Gorleben von 19.000 Polizisten gewaltsam durchgesetzt, deren Einsatz mehr als 90 Mio. DM kostete. Der ideelle Schaden für die Bürgerrechte durch die teilweise völlige Aufhebung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit hat seine konkreten
Auswirkungen auch in Ahaus gezeigt. Auch hier kam es im Oktober anläßlich von Aktionen der Atomkraftgegner zu Übergriffen der Polizei. Für den Schutz des CASTOR-Transports in der 13. Kalenderwoche 1998 sind bis zu 20.000 Polizistinnen und Polizisten sowie Bundesgrenzschutz vorgesehen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fordern, daß der Atommüll bis zum Ausstieg aus der Atomenergie an den Kraftwerksstandorten verbleibt. Mit der sicherheitstechnisch unnötigen Zwischenlagerung wird nur der jetzt schon absehbaren Tendenz Vorschub geleistet, daß über eine immer weitere Verlängerung der Betriebsgenehmigungen aus Zwischenlagern Endlager werden. Dies wollen wir verhindern. Auch die Wiederaufbereitung von Atombrennstoffen lehnen wir ab. Dadurch wird nur noch gefährlicherer, auch für Atomwaffen tauglicher Müll produziert, unkontrolliert weitere Radioaktivität freigesetzt und die Küsten um La Hague und Sellafield verseucht.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen für den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie und unterstützen den Widerstand der Bürgerinitiativen gegen Transport und Einlagerung von CASTOR-Behältern in den Atommülllagern Ahaus und Gorleben. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden den Ausstieg aus der Atomenergie zu einem zentralen Thema des Bundestagswahlkampfs machen und deutlich zeigen, daß die derzeitige Nutzung der Atomenergie gegen den erklärten Willen der Bürgerinnen und Bürger stattfindet. Mit uns wird es keinen neuen "Atomkonsens" geben, wie ihn Gerhard Schröder als Deal mit der Atomindustrie anstrebt. Nur mit uns wird es den Atomausstieg und eine Energiewende geben!
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN warnen vor allen Versuchen, die Anti-AKW-Bewegung zu kriminalisieren und durch demonstrationsfreie Zonen, weiträumige Absperrungen oder die Räumung von Widerstandscamps Grundrechte einzuschränken und gegen eine friedliche Demonstrationskultur zu eskalieren. Wir unterstützen alle Deeskalationsforderungen und Handlungsvorschläge seitens der Bürgerinitiativen, der Polizei und von Landesgrünen. Wir fordern insbesondere den Innenminister von Nordrhein-Westfalen auf, seine Verantwortung wahrzunehmen und sicherzustellen, daß es weder Demonstrationsverbote im Vorfeld, noch demonstrationsfreie Zonen noch Schlagstockeinsätze nach niedersächsischem Vorbild gegen friedlichen Protest geben wird und daß in jeder Situation - auch bei polizeilichem Eingreifen - der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit eingehalten wird. Wir fordern freien Zugang für unabhängige BeobachterInnen von Bürgerrechtsorganisationen.
Wir unterstreichen, daß notwendiger polizeilicher Deeskalation eine politische Deeskalation vorangehen muß. Dazu gehören die eindeutige Haltung der rot-grünen Landesregierungen, die Transporte abzulehnen und sie bürokratisch zu behindern oder zu verzögern, soweit es dazu landespolitische Handlungsmöglichkeiten gibt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden sich auf allen parlamentarischen Ebenen dafür einsetzen, die unnötigen Atommülltransporte politisch zu verhindern.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden sich aktiv an den Aktionen der Anti-AKW-Bewegung beteiligen und den Widerstand gegen die CASTOR-Transporte auch vor Ort unterstützen. Wir rufen alle Mitglieder und Kreisverbände auf, den friedlichen Widerstand gegen die Atomtransporte zu verstärken.
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