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Ordentliche Bundesdelegiertenkonferenz 6.8. März 1998 in Magdeburg, Bördelandhalle |
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Resolution | § 218 |
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN treten für das Recht der Frauen auf eine selbstbestimmte Schwangerschaft ein. Wir lehnen den Beratungszwang für Frauen in Schwangerschaftskonflikten ab. Beratung, die hilfreich sein will, muß freiwillig und ergebnisoffen sein. Das Bundesverfassungsgericht hat mit seinem sehr komplizierten und in sich widersprüchlichen Urteil zur Fristenregelung die Frauen entmündigt und enge Grenzen für die Gesetzgebung gesetzt. Wir haben den Kompromiß, der auf der Grundlage dieses Urteils zustande kam, immer abgelehnt. Nichtsdestotrotz sind die Ergebnisoffenheit, sowie das Recht, die erfolgte Beratung durch eine Bescheinigung bestätigt zu bekommen, geltendes Recht.
Die katholische Kirche ist Bestandteil unserer pluralen Gesellschaft. Und Gesetze werden für diese Gesellschaft in ihrer Gesamtheit gemacht und nicht nur für die Kirche. Sie muß sich entscheiden: Will sie Frauen weiterhin beraten und sich dabei an das Gesetz halten oder will sie die Beratung un die Vergabe des Beratungsscheins anderen Institutionen überlassen und aus der Beratung aussteigen. Anerkennung und Zuschüsse gibt es nur auf der gesetzlichen Grundlage.
Die Leidtragenden dieser Politik und all ihrer Trittbrettfahrer,die sich täglich neue Forderungen von der Überprüfung des Gesetzes in Karlsruhe bis hin zur Einrichtung von "Lebensschutzbeauftragten" einfallen lassen, sind die betroffenen Frauen, die nicht mehr die Möglichkeit haben werden, aus einem wirklich pluralen Beratungsangebot auszuwählen.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN lehnen jede Verschärfung des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens ab.
Familien werden mehr und mehr ausgegrenzt. Kinder werden zum Armutsrisko. Mehr als eine Million Kinder beziehen heute Sozialhilfe, über die Hälfte von ihnen lebt bei Alleinerziehenden. Die stärkste Zunahme gibt es bei Kindern unter sieben Jahren. Die Politik der Regierung zur Stärkung der Familien findet vorrangig in Sonntagsreden statt. Verbesserungen beim Unterhaltsrecht oder im Familienleistungsausgleich sind bestenfalls halbherzig.
Moralische und strafrechtliche Keulen verhindern nicht eine einzige Abtreibung. Sie sind auch kein Ersatz für eine dringend nötige kinderfreundliche Politik.
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN setzen sich aktiv für Sexualaufklärung an den öffentlichen Schulen und für die Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Frauen und Familien ein. Die Schaffung einer kinderfreundlichen Gesellschaft verlangt mehr als Sonntagsreden. Wir wollen eine Einkommenssteuerreform, die nicht weiter die Ehe begünstigt, sondern das Leben mit Kindern erleichtert. Wir wollen eine bedarfsgerechte Kinderbetreuung für alle Altersgruppen.
Und wir wollen Arbeitszeiten und -formen, die für Frauen und Männer die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit ermöglicht